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Ein Strom von Menschen, die auf den ersten Blick wie eine in sich verschmolzene uniforme Masse wirken. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt jede einzelne Figur in Kleidung, Haltung und Ausdruck ihre eigene Individualität. Schmale, dünne Gestalten, die eine faszinierende Wirkung von Ernst, Wichtigkeit und Präsenz ausüben. Helen Escobedo hat Figuren geschaffen, in denen sich das Schicksal von Millionen Flüchtlingen widerspiegelt. Ein Bild, das bannt, zum eingehenden Betrachten einlädt und zum Nachdenken anregt. Zum Nachdenken über die vielen Schicksale, die so unterschiedlich sein können wie die Staaten, aus denen sie kommen. Die Figuren erinnern vielleicht an den Flüchtlingsstrom 1971 von Ost-Pakistan nach Indien, an die Flucht der Menschen 1992 aus dem ehemaligen Jugoslawien oder an die Flucht der Ruander nach Tansania 1994. Flüchtlinge, die erst vertrieben und dann gejagt werden: von Nachbarn, die zu Feinden geworden sind, von Piraten, Offizieren und Soldaten. Vielleicht gehören sie dem Buddhismus, dem Islam, dem Christentum, dem Judentum oder eben keiner Religion an. Einige haben Universitätsabschlüsse, andere haben vielleicht nie Schreiben und Lesen gelernt. Die Kunst von Helen Escobedo fordert die BetrachterInnen zum Hinsehen auf, und das macht betroffen. Dabei wird die Einteilung in Nationalitäten oder die Zuschreibung von kulturellen Klischees unwichtig. Vielmehr begeben sich die BesucherInnen in eine Art Vakuum, das anregt, die Situation der Flüchtenden zu reflektieren. In einer Ruhe, die die schnelle Abfolge der Bilder, die uns die Medien täglich liefern, nicht geben. Die uns zwar Hunger, Erschöpfung und Tod zeigen, aber nicht die Atempause lassen, einmal zu überlegen, wie sich diese Menschen fühlen.- Mit ihrer Installation schafft Helen Escobedo eine greifbare Wirklichkeit, ein Erinnerungsbild, das in künstlerischer Umsetzung im Ausstellungsraum steht. Eine reale begreifbare Äußerung über Flüchtlinge und zugleich über das Mensch-Sein.«
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